Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt
Spätestens wenn die alte Eingliederungsvereinbarung, die ich bisher immer unterschrieben hatte, abzulaufen droht, kommt eine entsprechende „Einladung“ meines Sachbearbeiters vom Jobcenter, der dann den Wunsch verspürt, sich mit mir über meine aktuelle berufliche Situation zu unterhalten.
Bisher verliefen diese Unterhaltungen immer sehr ähnlich. so recht weiß er nicht, was er mit mir anfangen soll, dann holt er einen Stapel loser Blätter hervor und blättert darin herum. Hin und wieder schlägt er mir dann etwas daraus vor. Oft wiederholen sich diese „Angebote“. Auch dieses Mal. Darauf angesprochen, entschuldigt er sich damit, dass er sich ja nicht alles merken könne.
Wie auch schon bei den letzten Malen, war auch heute nichts dabei, was in irgendeiner weise meinen Erfahrungen oder Neigungen entsprochen hätte. Eigentlich müsste diese „Beratung“ auch vollkommen überflüssig sein, da ich doch noch immer in einer ganz speziellen Maßnahme stecke, bei der ich einen eigenen Coach habe, der sich voll und ganz um mich kümmert – so jedenfalls war die damalige Beschreibung dieser Maßnahme. Dass die Realität ein wenig anders aussieht, habe ich in meinem Buch, „Ganzil – Tagebuch einer (Zwangs-) Maßnahme“, ausführlich beschrieben. Auch meinem Sachbearbeitere schilderte ich heute was in dieser Maßnahme tatsächlich passiert und wie sinnlos sie ist. Dabei habe ich gemerkt, dass er sich gar nicht auf eine Diskussion darüber einlassen wollte. Er selbst besuche diese Maßnahme nicht und könnte deshalb auch nichts dazu sagen, ließ er verlauten. Darüber hinaus habe ich es gerade noch geschafft, ihm eine kurze Stellungnahme abzuringen, als ich hartnäckig nach den Gründen fragte, die dazu geführt hatten, mir diese Maßnahme zuzuweisen. Demnach gebe es keine speziellen Gründe, einzig die Tatsache, dass dort freie Plätze vorhanden waren, die zu besetzen waren, führten zu meiner Teilnahme. Also absolut willkürlich und ohne nachvollziehbaren Grund. Genau so, wie es von Inge Hannemann in ihrem Buch beschrieben und von einigen anderen Teilnehmern vermutet wurde.
Statt nun dieses Elend in Form einer sinnlosen Maßnahme zu beenden, schmiedete er bereit Pläne für eine neue Maßnahme, sobald diese beendet ist. Seiner Ansicht nach wäre es sicher sinnvoll, eine Eignungsfeststellung vorzunehmen. Diese soll nach seinen Vorstellungen in Anschluss an diese Maßnahme stattfinden.
Nun frage ich mich schon, was hier falsch läuft. Sicher ist so eine Feststellung der persönlichen Eignung ein sinnvoller Abschnitt bei der Suche nach einer (neuen) Arbeit. Sollte diese aber nicht am Beginn stehen? Wäre es nicht sinnvoller und effektiver gewesen, eine solche Feststellung gleich nach der Meldung als arbeitssuchend vorzunehmen? Ich stelle mir das so vor:
Man kommt zu Jobcenter. Meldet sich als arbeitsuchend, legt seinen Lebenslauf und Zeugnisse vor und man spricht gemeinsam darüber, wie die Zukunft aussehen könnte. Der Arbeitssuchende teilt seine Wünsche und Pläne mit und der Mitarbeiter des Jobcenters informiert darüber, was davon machbar sein könnte, denn immerhin sollte er den aktuellen Arbeitsmarkt besonders gut kennen. Wenn dann nicht sofort einen Lösung sichtbar ist, könnte, man sich darauf einigen, die persönliche Eignung des Arbeitssuchenden festzustellen – vielleicht ergeben sich daraus ja noch ganz andere Möglichkeiten. Wenn das dann alles getan ist und man gemeinsam einen möglichen Weg gefunden hat, könnten eventuelle Defizite in der Ausbildung durch geeignete Maßnahmen beseitigt werden. Ich spreche hier im Wesentlichen von echten Qualifizierungen, die am Markt benötigt aber noch noch vorhanden sind.
All das ist in meinem, und wie ich erfahren habe, in vielen anderen Fällen nicht passiert. Stattdessen werden sogenannte Eingliederungsvereinbarungen abgeschlossen, bei denen es im Wesentlichen darum geht, eine bestimmte Anzahl monatlicher Bewerbungen nachzuweisen. Haken an diesen Vereinbarungen ist, dass es sich meist nicht um eine „gemeinsam erarbeitete Strategie“, sondern um Textbausteine handelt, die dem Arbeitssuchenden zur Unterschrift vorgelegt werden. Da man befürchtet bei Verweigerung der Unterschrift Ärger zu bekommen, werden wohl die meisten „Vereinbarungen“ unterschrieben, auch wenn man das dort „vereinbarte“ nicht unbedingt als zielführend erachtet.
Vollkommen unbeeindruckt von meiner Kritik über diese Maßnahme, in der ich nun schon viel zu lange vor mich hin vegetierte, fertigte er noch während unserer Unterhaltung die neue Eingliederungsvereinbarung an, die er mir dann wortlos zur Unterschrift über den Tisch schob. Ich warf einen kurzen blick darauf. Sie war so abgefasst, wie auch die vorangegangenen, Lediglich der Zusatz, dass ich mich zur weiteren Teilnahme an der Maßnahme GANZIL verpflichte war dort enthalten.
Während unserer „Unterhaltung“ sprach ich auch mal wieder an, dass es von der IHK eine Weiterbildung zum Personalassistenten gibt, die ich gerne besuchen würde. Da ich das Thema bereits bei verschiedenen Gelegenheiten, auf den Vorgängern meines jetzigen Sachbearbeiters gegenüber angesprochen hatte und nie eine positive Reaktion erzielen konnte, war ich ein wenig überrascht, als er mich bat, im die Unterlagen dazu zukommen zu lassen. was ich von zu Hause aus auch gleich noch am selben Tag erledigte.
Bevor ich ging, erinnerte er mich noch daran, dass ich die Eingliederungsvereinbarung unterschreiben müsse. Da ich mit dem Inhalt, den wir auch nicht „gemeinsam erarbeitet“ hatten, nicht gänzlich einverstanden war, worauf ich ihn freundlich hinwies, könnte ich das Dokument nicht unterschreiben. Das sei gar kein Problem, erwiderte er, dann bekäme ich es halt als Verwaltungsakt zugeschickt.
„Und bist Du nicht willig, so brauch‘ ich Gewalt“, heißt es schon in Goethes Erlkönig.
Der Vorteil des Verwaltungsaktes sei es, so ist es immer wieder zu lesen, dass man diesem widersprechen könne. Ob sich das für mich als Vorteil herausstellt, wird sich wohl in den nächsten Tagen oder Wochen herausstellen.
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